Eric Nürnberger; Fischmaster

© Fischmaster

Bits und Bytes für Forellen und Zander

Die Fischerei ist so alt wie die Menschheit selbst. Und spätestens seit der Antike legen Menschen Teiche an, um Süßwasserfische zu züchten. Über Jahrhunderte änderte sich an der Fischproduktion nur wenig: „Man besetzte einen Teich mit kleinen Fischen, warf regelmäßig Futter rein und holte die Fische, wenn sie groß genug waren, wieder raus,“ erklärt Eric Nürnberger. Mit dem Thema Fischzucht verband den IT-Unternehmer zunächst nur ein Hobby. Gemeinsam mit anderen Angelenthusiasten aus seinem Fischereiverein befasste er sich mit der Möglichkeit, „Fischnachwuchs“ für die heimischen Gewässer zu produzieren. „Das ging so um 2000 los“, erinnert sich Nürnberger, „mit ganz einfachen Ansätzen. Wir haben uns einige Jahre lang selbst weitergebildet, ehe ich die Sache dann professionell angegangen bin.“ 

2011 kaufte Nürnberger eine leerstehende militärische Liegenschaft bei Trebur in Südhessen, um eine volldigitale Speisefisch-Aquakultur einzurichten. Mit Mess-, Steuer- und Regeltechnik kannte sich der IT-Fachmann ebenso gut aus wie mit Fischen. So entstanden nach seinen eigenen Vorgaben und Entwürfen Aufzuchtbecken und eine komplexe computergesteuerte Anlage, mit der Sauerstoffgehalt, Temperatur und Qualität des Wassers ebenso automatisch gesteuert werden wie die Fütterung der verschiedenen Fischarten in ihren jeweiligen Entwicklungsstadien. 

Unterstützung erfuhr Eric Nürnberger durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK): „Wir haben Projektförderung aus dem Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand erhalten. Das hat uns sehr geholfen.“ Mittlerweile hat die Fischmaster IP-Services GmbH 30 Mitarbeiter und produziert verschiedene Speise- und Besatzfische. Eine attraktive Gastronomie ermöglicht es dem Besucher, die „digitalen Fische“ ganz analog zu genießen. Eine Erfolgsgeschichte, zweifelsohne. Doch keine Rose ohne Dornen: „Vor lauter Arbeit in meinen Unternehmen habe ich überhaupt keine Zeit mehr, zum Angeln zu gehen“, beklagt sich Eric Nürnberger schmunzelnd. 

Gartenbau und Cloud Computing

Auf eine deutlich längere Unternehmensgeschichte kann die Garten- und Landschaftsbaufirma Mühle in Selb in der Oberpfalz zurückblicken: Als Gründer und Inhaber Markus Mühle vor 26 Jahren den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, war das World Wide Web eine ganz neue Erfindung. Der Einsatz von digitaler Technik in kleinen und mittleren Unternehmen war noch nicht einmal Zukunftsmusik. Doch Markus Mühle hat früh erkannt, dass auch das traditionelle Handwerk den Zug der Zeit nicht verpassen darf und die Digitalisierung eine Vielzahl von Chancen und neuen Möglichkeiten mit sich bringt.

Vor fünf Jahren begann der Unternehmer, seinen Betrieb umfassend zu digitalisieren. Auch wenn natürlich nach wie vor Spaten und Mäher, Astsäge und Häcksler zum Einsatz kommen, reicht die digitale Technik in alle Prozesse und Abläufe hinein: Alle Mitarbeiter sind mit firmeneigenen Smartphones und Tablets im Einsatz unterwegs. Über eine App werden Arbeitszeiten transparent für Privat- und Geschäftskunden erfasst. Alle Firmendaten liegen in der Cloud; so sind beispielsweise Aufträge oder Anleitungen für alle Mitarbeiter in Echtzeit verfügbar. Ebenfalls online ist eine Mediathek, in die alle Kollegen Eindrücke hochladen und in Vorher- / Nachher-Bildern Arbeitsleistungen und -erfolge dokumentieren können.

Markus Mühle; Mühle Landschafts- und Gartenbau

© Mühle Landschafts- und Gartenbau

Markus Mühle blickt auf die Fortschritte der letzten Jahre zurück: „Unsere Kunden sind beeindruckt, wie flexibel wir heute bei individuellen Wünschen und Terminabsprachen sein können.“ Doch nicht nur die Bedürfnisse der Kunden hat der Unternehmer im Blick: „Die Mitarbeiter dürfen nicht das Gefühl haben, dass wir die Technik nutzen, um sie ständig zu überwachen. Das wollen wir gar nicht.“ Daher hat Mühle seine Mannschaft mit ihren Wünschen und Bedürfnissen von Anfang an in den Umstellungsprozess eingebunden – mit positiven Auswirkungen: „Arbeit und Freizeit sind heute viel strikter getrennt als früher. Wir müssen niemanden mehr zu Hause anrufen, um beispielsweise den aktuellen Stand eines Auftrages abzufragen.“ 

Sein Wissen und seine Erfahrungen möchte Markus Mühle künftig an andere Mittelständler weitergeben und diese ermutigen, sich mit dem Einsatz von Cloud-Technologie zu befassen. „Moderne Unternehmen sind einfach attraktiver – für Kunden, die eigene Belegschaft und nicht zuletzt die Mitarbeiter von morgen.“ 

Alle Daten im Blick und beide Hände frei 

Während die Landschaftsgärtner in der Oberpfalz noch Tablet oder Smartphone zur Hand nehmen, um auf relevante Informationen zuzugreifen, müssen die Mitarbeiter bei der WS-Kunststoff-Service GmbH in Stuhr nicht einmal von ihrer Arbeit aufblicken: Sie haben nämlich Datenbrillen – sogenannte Wearables – auf der Nase. In dem Betrieb vor den Toren Bremens werden unter anderem komplexe Baugruppen für die Automobilindustrie zusammengesetzt. 

Seit 2014 wird in einer Produktionslinie mit der digitalen Technik gearbeitet. Während der Montage bekommen die Mitarbeiter über die Datenbrille grafische Anweisungen in ihr Blickfeld eingespielt: Zum Beispiel, welches Teil aufzunehmen und wie es einzusetzen beziehungsweise zu fixieren ist. Auch weitere relevante Informationen, die von Sensoren ermittelt werden, können über das System gegeben und abgerufen werden.

Wassim Saeidi, Geschäftsleitung der WS Kunststoff-Service GmbH; WS Kunststoff-Service GmbH

© WS Kunststoff-Service GmbH

Wassim Saeidi, Geschäftsleitung der WS Kunststoff-Service GmbH, sieht den Einsatz von Datenbrillen nur als Beginn einer Serie von Digitalisierungsprozessen in seinem Unternehmen: „Wir sind ein junges und innovatives mittelständisches Unternehmen. Wir sind jeden Tag heiß darauf, mit Hilfe von Digitalisierung und Industrie 4.0 für unsere Kunden Mehrwert zu schaffen.“ 

Mit Erfolg: Die neue Technik erleichtert und verkürzt das Einarbeiten in Produktionsvorgänge ungemein. Zudem konnte die Fehlerquote nahezu auf Null gesenkt werden. Grund genug für Saeidi, die nächste innovative Anwendung ins Visier zu nehmen: „Aktuell beschäftigen wir uns sehr mit dem Einsatz von Leichtbaurobotern. ­In der Zusammenarbeit von Mensch und Roboter sehen wir ein enormes Potenzial.“