Porträtbild von Diane Hielscher

© Michael Stöcker Photography/colorcatcher.org

Kann die Digitalisierung den Zugang zu Kultur demokratisieren?

Theoretisch kann sie das. Aber wir erleben eher das Gegenteil: Musiker, Filmschaffende, Museen haben es schwer, ihr Publikum wie früher zu erreichen.

Vielleicht müssen wir unseren Begriff von Kultur erweitern. In Internet-Memes, Onlinegames und Videos auf Youtube blüht die Kreativität. Wir nehmen diese Formen nur noch nicht als das wahr, was sie sind: Popkultur in Reinform.

Wird Kultur, kulturelles Schaffen durch die unendliche Reproduzierbarkeit und die ständige Verfügbarkeit an jedem Ort entwertet?

Darin steckt ein Widerspruch. Zum einen ist das Ziel von Kunst ja, von der ganzen Welt gesehen und erlebt zu werden. Ständige Verfügbarkeit sollte so gesehen ein Segen sein.

Zum anderen geht aber in der Tat eine Entwertung im Sinne von „das Besondere verlieren“ damit einher. Was ich nur selten oder nur zu hohen Kosten haben kann, ist immer begehrenswerter als der Alltag.

Mal ganz persönlich, was hat sich im Digitalzeitalter in ihrem privaten Umgang mit Kultur geändert?

Vor allem Musik und Filme konsumiere ich weniger bewusst. Es fällt mir schwerer, das Besondere zu finden und „hängen zu bleiben“. Früher war ich quasi dazu verdammt, eine CD gut zu finden. Hat mich ja 25 Euro gekostet.

Thema Vinyl und ganz aktuell Audiokassetten und sicherlich auch bald VHS-Videos: Wie deuten Sie die Rückbesinnung auf analoge Medien?

(Lacht) Ich habe neulich mit dem Inhaber eines Erotikladens gesprochen. Der verkauft seine alten VHS-Lagerbestände inzwischen für hunderte von Euro pro Kassette an Sammler.

Ein bisschen Nostalgie weckt es auch in mir, ein Vinylalbum auf meinen alten Plattenspieler zu legen. Ich glaube, das ist ein bisschen wie mit dem Kaffee, für den ich die Bohnen von Hand mahle und ihn dann ganz langsam und altmodisch aufbrühe. In Wahrheit schmeckt er nicht so viel anders als eine „digitaler“ Kaffee, aber das Ritual der Zubereitung ist ein ganz besonderes. Und es ist wichtig für uns Menschen.

Ihre Sendung auf DRadio Wissen wird nicht mehr terrestrisch ausgestrahlt, sondern ist nur online (und via DAB) zu empfangen. Ist das gute alte Radio auch am Ende?

Ach, das ist mir zu dramatisch. Mir fehlen die Empfangsstörungen und die schlechte Tonqualität nicht. Und vielen anderen Menschen anscheinend auch nicht, wie die stets steigenden Hörerzahlen zeigen.

Ich merke in meinem Beruf, dass der andere Verbreitungsweg dem Medium selbst nicht schadet, sondern es eher bereichert. Facebook, Whatsapp und Snapchat sind inzwischen wichtige sendebegleitende Kanäle. Manchmal findet die eigentliche Action dort statt – während im „Radio“ die Musik läuft.