1. Wo steht Deutschland in der Digitalisierung?
Der digitale Wandel ist weltweit in vollem Gang. Die technologischen Entwicklungen sind rasant und sie verändern die Art, wie wir kommunizieren, arbeiten, lernen und leben. Sie eröffnen große Chancen für mehr Lebensqualität, effizienteres Wirtschaften und revolutionäre Geschäftsmodelle.
Prognosen geben Hinweise auf mögliche Dimensionen: Nach Angaben der Europäischen Kommission könnte ein digitaler Binnenmarkt 415 Milliarden Euro jährlich zur Wirtschaftsleistung der Europäischen Union beitragen und Hunderttausende neue Arbeitsplätze schaffen. Das Marktvolumen des Internets der Dinge wird beispielsweise für das Jahr 2020 auf rund 1,9 Billionen Euro geschätzt.
Die Digitalisierung der Industrie eröffnet allein für Deutschland bis 2025 ein zusätzliches kumuliertes Wertschöpfungspotenzial von 425 Milliarden Euro. Prognostiziert werden Produktivitätssteigerungen von bis zu 30 Prozent, eine jährliche Effizienzsteigerung von 3,3 Prozent und Kostensenkungen von jährlich 2,6 Prozent. Allein die bessere Kooperation zwischen Unternehmen und Start-ups könnte in Deutschland bis zum Jahr 2020 Wachstumspotenziale von insgesamt 100 Milliarden Euro erbringen.
Neue Technologien unterstützen die Menschen bei der Organisation ihres Lebens, machen sie unabhängiger, lassen sie gesünder leben und Produkte wie Autos mit anderen teilen. Jeder Einzelne kann kommunizieren, wann und mit wem er will, sich schnell und intensiv informieren und sich aktiv in die Gesellschaft einbringen. Als Konsument erhält er umfassende Wahlmöglichkeiten sowie maßgeschneiderte Produkte und Dienstleistungen. Als sogenannter Prosument kann er gleichzeitig eine Rolle als Konsument und Produzent von Leistungen und Produkten einnehmen.
Zugleich bringt die Digitalisierung aber auch neue Unsicherheiten: Die Menschen sorgen sich um den Verlust der Souveränität über private Daten, vermissen Transparenz über die Wahrhaftigkeit von Nachrichten und Informationen sowie die Richtigkeit von Preisen und erleben zunehmend polarisierte und extreme öffentliche Diskussionen in digitalen Kanälen. Als wahrscheinlich größte Gefahr fürchten viele, dass die Digitalisierung ihren Arbeitsplatz überflüssig macht.
Auch für die Wirtschaft eröffnet sich ein weites Feld: Unternehmen haben viel Raum, Neues zu probieren und in neue Wachstumsbereiche vorzudringen. Aber es droht auch schnelleres Scheitern, wenn Konkurrenten agiler, schneller und besser sind. Denn Digitalisierung übersetzt sich nicht nur in die Herausforderung, höhere Effizienz in angestammten Märkten zu erreichen. Immer dringlicher wird es für Unternehmen, auch bei der Entwicklung neuer digitalisierter Produkte und Geschäftsmodelle noch schneller zu werden. Etablierte Anbieter fürchten oftmals, dass sie mit ungleichen Waffen gegen neue Wettbewerber kämpfen – weil nach den Spielregeln der neuen Digitalökonomie künftig Datenreichtum und der direkte Kundenzugang mehr zählen als ein perfektes Produkt.
Nach dem Internet, das Menschen verbindet, kommt nun stärker das Internet, das Maschinen vernetzt. Beim Internet der Dinge hat Deutschland mit seiner starken Industrie und industrienahen Dienstleistungen die Chance, sich in der nächsten Digitalisierungsphase vorne zu positionieren.
Deutschland und Europa müssen ihren eigenen Weg beschreiten. Notwendig ist eine Digitalisierung „Made in Europe“, welche die maximalen wirtschaftlichen Chancen und Potenziale nutzt – und die Risiken überwindet. Sie folgt der Strategie, dass Wettbewerb Ordnung braucht: Soviel digitaler Wettbewerb wie möglich, aber gleichzeitig – wo nötig – (staatliche) Flankierung und Rahmensetzung für Fairness, Rechtssicherheit und Teilhabemöglichkeiten für die Menschen.