Dieses Bild zeigt das Titelmotiv der Gründerinnenstudie.

© Gründerwettbewerb - Digitale Innovationen

Tech-Start-ups sind auch in Deutschland Vorreiter und Treiber auf dem Weg in die digitale Wirtschaft. Risikobereitschaft und Erfolgswille verleihen ihnen eine hohe Dynamik. Sie sind deshalb gut in der Lage, ihre Strukturen und Prozesse schnell an neue Entwicklungen und sich ändernde Anforderungen anzupassen. Die gleiche Dynamik fehlt allerdings, wenn der Anteil weiblicher Gründer in der Digitalbranche betrachtet wird: Mit zuletzt 15,7 Prozent steigt diese Zahl weiterhin nur langsam.

In der neuen Studie "Female Founders in der Digitalbranche: Gründungsbarriere Rollenbilder" hat der Gründerwettbewerb in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Informatik mögliche mögliche Gründe dafür untersucht: die geschlechtlichen und unternehmerischen Stereotype in der Gesellschaft.

Die zentralen Ergebnisse der Studie lassen erkennen, dass höhere Erwartungen an Gründerinnen gestellt werden. Zudem sollen sie verstärkt Eigenschaften erfüllen, die dem weiblichen Stereotyp entsprechen, beispielsweise sich um die Familie zu kümmern. Frauen erleben dadurch häufig eine Doppelbelastung, was ein Hindernis bei der Gründung darstellen kann. Interessant auch: Im Osten Deutschlands ist die Meinung, dass Frauen Familie und Freunde hinter den Erfolg des Unternehmens zurückstellen müssen, weniger stark vertreten als im Westen. Denkbar ist, dass das Rollenbild der Frau aus der DDR, das die Vereinbarkeit von Familie und Beruf als Selbstverständlichkeit voraussetzte, sich bis heute stellenweise noch erhalten hat.

Die Studie liefert zudem Antworten auf viele weitere Fragen: Welches Bild erfolgreicher Gründerinnen und Gründer gibt es in Deutschlands Start-up-Szene? Welche Erwartungen werden an Gründerinnen gestellt? Über welche Eigenschaften sollten sie verfügen? Um ein möglichst umfassendes Bild der gesellschaftlichen Wahrnehmung von Frauen in der Start-up-Branche zu ermitteln, sind drei Befragungen eingeflossen: Interviews mit Expertinnen und Experten aus dem Start-up-Umdeld, eine repräsentative Bevölkerungsumfrage und ein Panel aus digital-affinen Personen in der Gesellschaft für Informatik.

Zur Studie

Im einem WebTalk wurde die Studie am 8. Juni erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Eine anschließende Diskussionsrunde thematisierte die Studienergebnisse sowie Herausforderungen und Perspektiven für Gründerinnen.

Sonja Álvarez, Redaktionsleiterin des "Tagespiegel Background Mobilität", stellte mit Blick auf die Start-up-Berichterstattung klar: Zeitungen und Online-Medien geben erstmal nur die Realität wieder – in der es nach wie vor sehr wenige Gründerinnen gibt. Umso wichtiger sei es, ausgewogen zu berichten und die richtigen Fragen zu stellen. Dr. Isabelle Canu, Head of Operations von coparion, gab Einblicke in ihre Arbeit als Venture-Capital-Investorin und betonte die Bedeutung der schulischen Bildung. In Frankreich sei etwa Mathematik im Abitur Standard. Auch Networking-Events müssten sich ändern. Statt immer den gleichen Gründerinnen, seien mehr Vielfalt und damit mehr Vorbilder auf der Bühne nötig.

Christine Regitz, Mitglied des Aufsichtsrats von SAP und Head of Women In Tech@SAP, wies darauf hin, wie wichtig das kulturelle Umfeld ist. In Israel oder Indien seien Mitarbeiter und auch Frauen gründungsfreudiger. Hierzulande dominiere hingegen weiterhin die Angst vorm Scheitern. Das müsse sich ändern. Außerdem sah sie große Nachholbedarf darin, Berufsbilder richtig zu transportieren. Wichtig sei, zu zeigen, was etwa mit einem Informatikstudium konkret bewegt werden kann. Beispielsweise inmitten der Corona-Pandemie in Feldern wie der Bio- und Medizininformatik. Und Veronika Riederle, CEO des Start-ups Demodesk, sprach über ihre Erfahrungen als Gründerin und verriet, ob sie während ihrer Zeit im Silicon Valley das Gefühl hatte, dass weibliche Gründer in den USA anders wahrgenommen werden als hierzulande.

Zum Abschluss wurden die vier Expertinnen gefragt, was passieren muss, damit mehr Frauen gründen: Von mehr Networking-Möglichkeiten, über ein Pflichtfach Informatik in der Schule, bis hin zu diversen Teams, die stärker mit weiblichen Mitgliedern in Verbindung gebracht werden müssen, und der Anregung, dass erfolgreiche Frauen aufhören sollten, ihre männlichen Pendants zu imitieren.

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