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Das Interview führten Alex Dieke und Annette Hillebrand, Stadt.Land.Digital

Was sind die wichtigsten Aufgaben von GovData? Wie groß ist Ihr Team?

Wir sind ein kleines Team mit drei Personen und 2,3 Stellen. Unser Stellenbedarf wurde kürzlich mit 4-5 beziffert, wir müssen also effizient sein! Das Portal GovData bietet einen zentralen Zugang zu frei zugänglichen Verwaltungsdaten aus Bund, Ländern und Kommunen in Deutschland. In GovData finden Sie Metadaten. Die eigentlichen Daten sind dezentral verfügbar, zum Beispiel bei den Behörden selbst oder bei von ihnen beauftragten Rechenzentren. GovData unterstützt und wirbt innerhalb aller föderalen Verwaltungen für offene Daten und leistet Aufklärung. Zudem entwickelt und verantwortet GovData den zentralen Metadatenstandard DCAT-AP.DE 2.0 (2021), eine deutsche Ableitung von DCAT-AP, dem Austauschstandard auf europäischer Ebene.

Wer macht bei GovData mit? Wer stellt offene Daten zur Verfügung?

Bei uns finden Sie Daten von allen föderalen Ebenen: vom Bund, von den Ländern, von Kommunen und von Fachportalen (etwa vom Statistischen Bundesamt oder Geodaten vom Bundesamt für Kartographie und Geodäsie). Wie viele Daten von kommunalen Behörden tatsächlich bereitgestellt werden hängt oft auch davon ab, wie intensiv vom jeweiligen Land gefördert und mit Beratungsangeboten unterstützt wird. Unter den Bundesländern ist es beispielsweise Nordrhein-Westfalen und neuerdings auch Schleswig-Holstein gut gelungen, die kommunale Ebene einzubinden.

Wie ist die Zusammenarbeit mit dem Bund und den Ländern organisiert? Wie sieht die Organisationsstruktur aus?

Es gibt eine Verwaltungsvereinbarung mit dem Bund und bisher dreizehn Bundesländern. Ich bin aber optimistisch, dass wir sehr bald auch mit den drei verbleibenden Ländern eine Vereinbarung schließen können, und dann ganz Deutschland abgedeckt ist.

Die laufende Abstimmung zu Zielen, Aufgaben und Budget erfolgt in der Fachgruppe GovData, in die der Bund und jedes der (bisher dreizehn) Länder einen stimmberechtigten Vertreter oder eine Vertreterin entsendet. Die Fachgruppe steuert die Arbeit der Geschäfts- und Koordinierungsstelle GovData, vergleichbar mit der Aufgabe eines Aufsichtsrats. An allen Sitzungen der Fachgruppe können andere Dienststellen und Verbände mit thematischem Bezug zur Arbeit von GovData teilnehmen und tatsächlich nehmen unter anderem das Statistische Bundesamt oder ein Vertreter des Netzwerks GDI-DE (Geodateninfrastruktur Deutschland) teil.

Warum macht Hamburg das GovData-Portal?

Hamburg war bundesweit immer früh dran mit seiner Open-Data-Politik
und -Gesetzgebung. Als dann 2014 jemand gesucht wurde, der das neu zu schaffende Portal betreut, hat Hamburg daher gern die Hand gehoben. Das muss aber nicht für immer so bleiben: Bis 2023 ist geplant, alle Anwendungen des IT-Planungsrats, darunter auch GovData in FITKO, in die föderale IT-Kooperation mit Sitz in Frankfurt am Main, zu überführen. Wie und wann das genau geschehen wird, wird derzeit gerade abgestimmt. FITKO bündelt ja neben anderen Aufgaben auch die Anwendungen des IT-Planungsrats.

Welche Vorteile haben offene Daten für Kommunen? Welche Vorteile haben Kommunen von GovData?

Indem sie Verwaltungsdaten als offene Daten zugänglich machen zeigen Kommunen, dass sie transparent sind. Gleichzeitig können sie schon nach kurzer Zeit Personalaufwand einsparen, weil Anfragen an die Verwaltung nicht mehr als mühselige Einzelfälle bearbeitet werden müssen. Das belegen unsere eigenen Erfahrungen aus Hamburg; besonders deutlich wurde das während der Hamburger Einführung von Open Data im Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung der Freien und Hansestadt Hamburg.

Die Wirtschaft in den Kommunen profitiert besonders stark, wenn Infrastrukturdaten, zum Beispiel zu Leitungsstandorten oder zur Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge, zugänglich gemacht werden. Auch lokale Wetterdaten werden von der Wirtschaft stark nachgefragt. Wir kennen Beispiele, wo bundesweit tätige Telekommunikationsunternehmen mit ihrem Breitbandausbau lieber in solchen Kommunen beginnen, in denen es transparente Geodaten gibt, weil dort der Ausbau einfacher, schneller und damit günstiger ist.

Allgemein empfehlen wir Kommunen gern, sich den Musterdatenkatalog auf GovData anzusehen und sich inspirieren zu lassen, was andere Kommunen schon veröffentlicht haben. Diesen Musterdatenkatalog hat GovData gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung, dem KDZ Zentrum für Verwaltungsforschung und der Open Knowledge Foundation Deutschland erarbeitet.


Welche Kosten fallen für die Kommunen an, wenn sie offene Daten zur Verfügung stellen wollen (Technik, Personal etc.)? Fallen Kosten für die Bereitstellung von Daten bei GovData an?

Bei GovData selbst entstehen für Kommunen überhaupt keine Kosten. Die Arbeit von GovData wird durch die Beiträge der Länder und des Bundes finanziert.

Was den Personalaufwand und die Kosten für eigene technische Lösungen in den Kommunen angeht, kann ich nichts Genaues sagen. In der Regel kann die Datenbereitstellung aber vom bestehenden Personal für die Fachaufgaben erledigt werden.

Allgemein empfehlen wir jeder Kommune, erst mal klein anzufangen, und Schritt für Schritt aufzubauen.

Keine Angst vor Kontrolle oder Fehlern: oft kommen Fehler in den Datensätzen zutage und man kann sie dann korrigieren! Zum Beispiel erinnere ich mich an einen Fall aus Wien, wo eine Kartendarstellung einen Baum mit einem Durchmesser von über einem Kilometer dargestellt hat. Bei der Gelegenheit fiel auf, dass schlicht eine Kommastelle verrutscht war, und der Fehler war sofort behoben.


Offene Daten ermöglichen unerwartete Innovationen. Welche Anwendung auf der Grundlage von kommunalen Daten hat Sie am meisten beeindruckt?

Die Fragen nach der Nachnutzung von Daten ist immer schwer zu beantworten. In unserem Portal haben wir für diese Fragen einen Showroom eingerichtet. Dort gibt es bisher 14 gute Beispiele. Ein schönes Beispiel ist „Gieß den Kiez“ aus Berlin, eine App, die organsiert, dass die Anwohnenden in Berlin Straßenbäume selbst gießen können, die gerade Wasser benötigen. Sie entlasten damit die Stadtverwaltung und pflegen ihren Baum vor der Haustür.

Weitere Beispiele sind auch Wheelmap.org oder die App stadtnavi für vernetzte Mobilität in Herrenberg (Baden-Württemberg). Diese App ist Open Source und kann leicht von anderen Kommunen übernommen werden.


Ist der Rechtsrahmen für Open Data in Deutschland schon ausreichend? Wo sehen Sie Bedarf zum Nachsteuern?

Das Gesetz für die Nutzung von Daten des öffentlichen Sektors (Datennutzungsgesetz - DNG) ist ja gerade neu in Kraft. Mit dem Gesetzentwurf wird die im Jahr 2019 neugefasste EU-Richtlinie 2019/1024 (Open-Data- und Public Sector Information-Richtlinie) umgesetzt. Wie das deutsche Datennutzungsgesetz wirken wird, müssen wir aber noch abwarten. Insgesamt erhoffe ich mir aber von diesem Gesetz Aufwind für offene Daten, weil das Thema nun mehr Beachtung bekommt.

Für die Zukunft wünsche ich mir, dass es bald ein Open Data Institut geben wird, das die Bereitstellung von offenen Daten begleitet und beratend unterstützt. Dieser fördernde Ansatz ergänzt die gesetzlichen Transparenzverpflichtungen. Open Data hat in der Vergangenheit oft darunter gelitten, dass Daten bereitgestellt wurden und dann die Erwartungshaltung entstanden ist, dass da jetzt auch ein positiver Effekt sichtbar werden muss. Ein entsprechendes Institut könnte beispielsweise die Einführung sogenannter Hochwertiger Datensätze (High Value Datasets), die nach dem eben erwähnten DNG bevorsteht, begleiten und so dafür sorgen, dass hier schneller ein Erfolg spürbar wird.

Als nächsten Schritt wünsche ich mir zur Durchsetzung der Transparenzverpflichtung eine Art Umkehr der Beweislast: Behörden sollten begründen, warum sie bestimmte Daten nicht veröffentlichen. Daten zu veröffentlichen, wenn es „sinnvoll und möglich“ ist, erscheint mir eine zu schwache Formulierung. Wenn dann Transparenzverpflichtungen lokal nicht umgesetzt werden, wären auch Sanktionsmöglichkeiten sinnvoll.