Navigation

Fabmobil – Ein fahrendes Kunst- und Digitallabor für die Oberlausitz

Das Fabmobil

© Jakub Purej

Ziel/Nutzen der Lösung

Das Fabmobil ist ein fahrendes Kunst-, Kultur- und Zukunftslabor für die Oberlausitz. Es gibt extreme Leerstellen in der kulturell-politischen Bildung und der kulturellen Bildung mit Neuen Medien im ländlichen Raum. Das Ziel des Fabmobils ist es, durch die regelmäßige Arbeit mit neuen Technologien ein tieferes Verständnis für Digitalität zu vermitteln und dabei kulturelle, soziale und gesellschaftspolitische Aspekte zu thematisieren. Außerdem reduziert es die Chancenungleichheiten zwischen dem städtischen und ländlichen Raum. Der Doppeldeckerbus ist mit Digitaltechnik und Werkzeugmaschinen ausgestattet und bietet Workshops und Kurse an. Das Fabmobil ist regelmäßig in Ostsachsen unterwegs und fährt Schulen, Jugendzentren und andere Begegnungsorte an.

Lösungsbeschreibung

Der 2017 gegründete gemeinnützige Constitute e. V. realisiert das Projekt. Die Projektkosten betrugen im ersten Jahr circa 310.000 Euro und im zweiten und dritten Jahr zwischen 150.000 und 170.000 Euro. Diese Kosten decken circa 100 bis 130 Projekttage ab.
Das Projektteam umfasst einen Projektleiter und einen Techniker, der für die intensive Wartungs- und Betreuungsarbeit der Technik verantwortlich ist. Jeden Workshop betreuen zwei Personen, dazu wurde ein Kreis von 18 Personen aufgebaut. Innerhalb des Projektteams wird streng auf Diversität geachtet, um Chancengleichheit deutlich zu signalisieren. Schulen in den ländlichen Regionen der Oberlausitz können das Fabmobil kostenlos für ihre Schülerinnen und Schüler beauftragen. Das Fabmobil wird von der Kulturstiftung des Bundes, der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, dem Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, dem Sächsischen Staatsministerium für Kultus, der PwC-Stiftung, der Zeit-Stiftung, der Palm-Stiftung und der Dirk Oelbermann Stiftung gefördert.
Das Fabmobil ist ein umfunktionierter alter Tourbus mit zwei Etagen. Im unteren Bereich befinden sich ein 3D-Drucker, ein Lasercutter und kleinere Arbeitsplätze zum Experimentieren, Aufbauen und Abdrehen. Im oberen Stockwerk gibt es eine kleine Werkstatt, die mit Handwerkzeugen, einer Standbohrmaschine, einem Tellerschleifer, einer Bandsäge, einer CNC-Fräse, einer Internet-of-Things-Werkstatt und einem Workshopbereich für etwa 16 Personen ausgestattet ist.
Das Fabmobil ist für die Workshops vollumfänglich ausgestattet. Die Stepcraft2 / 420 ist ein CNC-Portalgerät, das kleine und mittelgroße Modelle computergestützt ausfräst. Es wird über WinPC-NC angesteuert, was auf allen im Bus verfügbaren Rechnern installiert ist. Mit einem Cameo-Lasercutter können Kursteilnehmende nach den angebotenen Einführungs- oder Fortgeschrittenenkursen selbst Platten ausschneiden oder gravieren. Zwei Craftbot2 3D-Drucker können Objekte bis zu 250 x 200 x 200 mm drucken. Die Craftbots drucken im FDM-Verfahren, das heißt ein 1,75 mm starker milchsäurebasierter Kunststoffdraht wird aufgeschmolzen und extrudiert. In den Workshops werden die Craftbots von den Teilnehmenden selbst bedient. Ein BCN Sigma 3D-Drucker kann mit unterschiedlichen Materialien drucken. Dadurch sind Modelle, die gleichzeitig aus flexiblem und festem Kunststoff bestehen oder mehrfarbig gefertigt werden, möglich. Er ist für große und spezielle Modelle notwendig. Arduinokurse bieten einen Einstieg in die Welt der Programmierung und des Internet of Things (Internet der Dinge). Arduinos sind kleine programmierbare Micro-Controller (Platinen), an die sich Motoren, LEDs, Sensoren und anderes anstecken lassen. Im Fabmobil gibt es eine große Auswahl an Sensoren und Aktuatoren, über die sich die meisten Projekte realisieren lassen. Für komplexe Projekte gibt es auch Raspberry Pi Sets. Diese sind wie Arduinos Micro Controller, allerdings sind sie leistungsstärker. Die Sets können über ein Pfandsystem ausgeliehen und mit nach Hause genommen werden. Das Fabmobil ist außerdem mit einem Klassensatz Calliope Mini-Platinen ausgestattet. Diese bieten eine Einstiegstechnologie für das Physical Computing. Physical Computing ist die Programmierung von Systemen, die mit der realen Umwelt interagieren. Die Calliope Mini-Platinen sind für Programmierkurse an Grundschulen ausgelegt. Mit der Programmierumgebung Scratch lassen sich schnell und niedrigschwellig eigene Projekte realisieren. Die VR-Brille Oculus Rift ist an einen leistungsstarken PC angeschlossen und ermöglicht so eine starke Performance. In Cardboards können Smartphones eingesteckt werden und 360° Videos angesehen werden. Dazu gibt es auch zwei 360° Kameras. Mit einem Makeblock-Roboter können Teilnehmende selbst kleine selbstständige Bots bauen.
Die Idee für die Fabrikationslabore (Fablabs) stammt von Neil Gershenfield, Professor am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston. Fablabs sind vereinsgetragene Werkstätten, die mit analogen und digitalen Technologien ausgestattet sind und Menschen einen Ort zum Experimentieren bieten. Seit 2003 wächst die Fablab-Community in Städten weltweit. In dezentralen ländlichen Regionen lässt sich allerdings nicht ein allen zugänglicher Ort finden, an dem das Workshopangebot stattfinden kann. Daher hat das Projektteam mit dem Bus ein dezentrales Angebot geschaffen.
Da das Fabmobil während der Corona-Pandemie nicht unterwegs sein kann, hat das Team einen Youtube-Kanal gestartet, auf dem es Tutorials zum Mitmachen hochlädt.
In den ländlichen Regionen Ostdeutschlands gibt es nur wenige kulturelle und künstlerische Angebote für junge Menschen. Das Fabmobil setzt hier an und bringt kreative Technologien wie 3D-Druck, virtuelle Realität, Robotik und Programmierung in ländliche, dezentrale Räume. Dadurch trägt das Fabmobil zur Vitalisierung und Aktivierung bestehender Angebote und zum Aufbau neuer digitaler und zeitgenössischer Kultur- und Erlebnisformate bei.
Schulen jeglicher Form aus dem ländlichen Raum in der Oberlausitz können sich an das Fabmobil wenden, um ihren Schülerinnen und Schülern den Zugang zu digitalen Technologien zu ermöglichen. Da die Chancengleichheit ein wichtiges Thema des Projektes ist, sind die Workshops so konzipiert, dass sie eine breite Zielgruppe ansprechen. Die teilnehmenden Schulen verpflichten sich dazu, die gleiche Anzahl an Schülern und Schülerinnen für die Workshops anzumelden. Darüber hinaus unterstützt das Projekt die digitale Teilhabe von Kindern und Jugendlichen. Im Jahr 2020 hat das Fabmobil beispielsweise sieben Orten im Landkreis der Lausitz besucht und die Teilnehmenden gefragt, wie die Lausitz im Jahr 2030 aussehen soll. Dazu haben sie ihre wünschenswerte Zukunft als kleine Prototypen mittels Computern, 3D-Druck und Lasercutter für alle sichtbar gemacht. Die entstandenen Entwürfe werden 2021 ausgestellt.
Die Veranstaltungsplanung unterliegt den regulären rechtlichen Rahmenbedingungen. In der Zusammenarbeit mit den Schulen ist das Fabmobil allerdings nicht selbst Veranstalter der Workshops, sondern steht den Schulen kostenlos zur Verfügung. Veranstalter der Workshops sind daher die Schulen.

Kommunen

Das Projekt wird in folgenden Kommunen umgesetzt:

Hoyerswerda, Sachsen

20.000 bis 50.000 Einwohner

Stadt und Land

Görlitz, Sachsen

bis 20.000 Einwohner

Land

Herrnhut, Sachsen

bis 20.000 Einwohner

Land

Bautzen, Sachsen

20.000 bis 50.000 Einwohner

Stadt und Land

Zittau, Sachsen

20.000 bis 50.000 Einwohner

Stadt und Land

Insbesondere bei der Bildung im Bereich digitaler Technologien gibt es für Schüler und Schülerinnen im ländlichen Raum ein signifikant geringeres Angebot als im städtischen Raum. Das Fabmobil leistet einen wichtigen Beitrag zur Bildungs- und Chancengerechtigkeit junger Menschen im ländlichen Raum.

Das Fabmobil verbindet in intergenerationellen Angeboten jugendliche Smartphone-Profis mit arbeitserfahrenen und teils pensionierten Technikexperten und -expertinnen. Dadurch entsteht ein langfristiger und generationsübergreifender Lernprozess. Durch das mobile Projekt entsteht außerdem eine engere Vernetzung der regionalen Kultur- und Bildungsorte.

Das Projekt wird exemplarisch in der Oberlausitz durchgeführt und für eine Adaption für weitere Regionen untersucht und vorbereitet. Zwischenschritte werden auf der Projektwebsite prozessbegleitend dokumentiert und veröffentlicht. Für Jugendliche, Eltern und Interessierte gibt es einen Angebotsüberblick auf der Projektseite.

Das Fabmobil-Handout bietet Hinweise zu Digital-Technologien, einen Überblick an Werkzeugen, Maschinen und Software, die im Fabmobil verwendet werden und viele Tipps und Links zu 3D-Bibliotheken, Robotik-Kits und Fablab-Standorten in Sachsen und darüber hinaus. Die Mitglieder des Constitute e. V. präsentieren die Ergebnisse außerdem auf verschiedenen Konferenzen, Festivals und kultur-politischen Veranstaltungen und stellen sie dort zur Diskussion.

Weiterführende Informationen