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Gemeinsam in die digitale Welt - Projekt zur Förderung der digitalen Medienkompetenz älterer Erwachsener im ländlichen Raum Kristina Barczik

Einleitung

Wettbewerb "Stadt.Land.Digital"

Was war/ist die Ausgangssituation?

Der demografische Wandel führt in Sachsen aufgrund des Bevölkerungsrückgangs zu einer Alterung der Bevölkerung. Dabei ist der ländliche Raum besonders betroffen. Gleichzeitig ist ein Wandel im technischen Bereich zu verzeichnen. Inhalte verlagern sich zunehmend weg von den klassischen Medien hin zu Angeboten im Internet. Neue Informations- und Kommunikationstechnologien, sog. digitale Medien (Smartphones und Tablet-PCs) bieten speziell für Ältere vielfältige Chancen und tragen zur Erhöhung der Lebensqualität und Unterstützung im Alltag bei. Dazu zählt z. B. die Möglichkeit mit Smartphones/Tablets Fotos auszutauschen und mit weggezogenen Familienmitgliedern in Kontakt zu bleiben, Fahrkarten online zu kaufen und Onlinebanking zu nutzen. Von diesen durch digitale Medien unterstützenden Funktionen können Ältere allerdings nur profitieren, wenn sie den Umgang mit Smartphones und Tablets sicher beherrschen, also über ausreichend (digitale) Medienkompetenz verfügen.
Die sächsischen Volkshochschulen, welche u.a. als Weiterbildungsanbieter für Ältere im ländlichen Raum agieren, bieten als formale Lernarrangements, Kurse, die den Umgang mit digitalen Geräten vermitteln, an. Die Teilnahme an diesen Kursen ist jedoch standortbezogen und setzt für ältere Menschen einen gewissen Mobilitätsgrad voraus. Ein flächendeckendes Angebot für den ländlichen Raum ist damit nicht gewährleistet und dies, obwohl die Nachfrage nach diesen Kursen insbesondere bei Älteren hoch und kontinuierlich ansteigend ist. Problematisch ist weiterhin, dass weder die Anzahl, noch die Dauer der gebotenen Kurse ausreichen, um der hohen Nachfrage auf Seiten der Älteren gerecht zu werden. Eine durchgeführte Vorstudie mit Dozenten der Volkshochschulen verdeutlicht, dass diese formalen Angebote zumeist nicht zielgruppenadäquat sind. Ältere Erwachsene wünschen sich ein Angebot „auf Augenhöhe“ und unter Gleichen, bei welchem das individuelle Lerntempo und die persönlichen Lernpräferenzen berücksichtigt werden.
Deshalb bedarf es in ländlichen Regionen im Freistaat Sachsen wohnortnahe Bildungsangebote für Ältere i.S. einer Bildung, die nicht zwingend an den Besuch einer Bildungseinrichtung gekoppelt ist und vor der Haustür stattfindet, zu etablieren. Ebenfalls sind die Angebote an die Lernbedarfe der Zielgruppe auszurichten, um die Nutzung mit digitalen Medien zu fördern und zu erlernen. Diesen Anspruch verfolgt das Projekt „Gemeinsam in die digitale Welt“, welches als Pilotprojekt im Landkreis Zwickau durchgeführt wird.

Was war/ist das Projekt/die Strategie?

Ziel des Projektes ist die Etablierung eines nachhaltigen und teilnehmerorientierten Weiterbildungsangebotes für den ländlichen Raum im Freistaat Sachsen (speziell im Landkreis Zwickau), welches Ältere zu einem sicheren Umgang mit Smartphones und Tablets befähigt. Ältere sollen an Sicherheit in der Bedienung und Vertrautheit im Umgang mit digitalen Medien gewinnen. Gleichzeitig gilt es, gegebene Hemmschwellen und Ängste in Bezug auf die Gerätenutzung und Sicherheitsbedenken gegenüber dem Internet abzubauen.
Dabei wird ein spezielles Lehr-Lernangebot für ältere Erwachsene angewandt: Technikaffine Ältere, die motiviert sind, ehrenamtlich tätig zu sein, werden als Technikbotschafter (Experten, Multiplikatoren) ausgebildet. In dieser Rolle stehen sie Älteren in ihren Gemeinden als Ansprechpartner zur Verfügung. In Kleingruppen schulen sie ältere Erwachsene im Umgang mit Smartphones und Tablets vor Ort und zeigen auf, wie die Geräte alltagsrelevant zu nutzen sind. Die Weiterführung dieser intragenerationellen Lehr-Lern-Treffs ist im Rahmen von Stammtischen geplant. Der persönliche Austausch zwischen den Experten und den Älteren ist angedacht, um das „voneinander und untereinander-Lernen“ zu fördern, gegenseitige Nutzungsimpulse zu geben und ein Lernen „auf Augenhöhe“ zu sichern.
Da die Umsetzung im Nahraum, d.h. direkt vor Ort in den Gemeinden stattfindet, wird ein niederschwelliger Zugang zu Wissen und den alltagsrelevanten Nutzungsmöglichkeiten von digitalen Medientechnologien ermöglicht. Das Angebot ist intragenerativ und inhaltlich auf die Bedürfnisse der Zielgruppe angepasst. Die Auswahl von älteren Menschen, die ehrenamtlich als Trainer tätig werden, erfolgte vor dem Hintergrund, dass die Zielgruppe älteren Dozenten mit einer höheren Akzeptanz begegnet. Denn Ältere benötigen eine langsame und schrittweise Einführung hinsichtlich des Umgangs mit ihrem mobilen Gerät.

Welchem Anwendungssektor ordnen Sie ihren Beitrag zu?

Das Projekt ist im Bildungsbereich verortet, speziell im Bereich der Weiterbildung für ältere Erwachsene im ländlichen Raum, die sich im Ruhestand befinden. Es handelt sich um eine Lernarrangement, welches formales Aspekte (Seminar) mit informellen Gesichtspunkte (offenes Format, Austausch in gemütlicher Atmosphäre, Hausbesuche, Stammtische) vereint. Zielsetzung ist die Förderung der digitalen Medienkompetenz.
Aufgrund der Evaluierung des Projektes, d.h. der Erforschung inwieweit sich mit einem solchen Lernarrangement die Selbstwirksamkeit, Bedienleichtigkeit, digitale Medienkompetenz, etc. erhöhen und Sicherheitsbedenken abbauen lassen, handelt es sich um angewandte Forschung.

Welchen Mehrwert bietet das Projekt für die Bevölkerung?

Mit dem Projekt wird der Zielgruppe ein niederschwelliger Zugang zu Wissen ermöglicht, da die Kurse kostenfrei sind und direkt vor Ort, d.h. in den jeweiligen Gemeinden stattfinden. Das Projekt profitiert überdies vom Multiplikatoren-Effekt: Mit wenig personellem Aufwand kann eine große Personenanzahl erreicht werden. Die wohnortnahen Angebote wurden seit Juni 2018 bereitgestellt. Bis November 2018 konnten mit acht Multiplikatoren 15 Weiterbildungsangebote durchgeführt werden. In Summe wurden 98 ältere Erwachsene als Teilnehmer erfasst. Diese hohe Teilnahmequote wäre mit klassischen Weiterbildungsformaten nicht möglich gewesen.
Die positive Resonanz auf Seiten der Teilnehmenden verdeutlicht den Bedarf eines solchen Lernformats in ländlichen Regionen. Das Lernen in Kleingruppen, wohnortnahe Angebote, die Bereitstellung von Ruheständlern als Dozenten welche ein Schritt-für-Schritt-Lernen ermöglichen, wurden durchweg positiv wahrgenommen.
Bei dem Projekt handelt es sich um eine effektive Methode, um die digitale Medienkompetenz von älteren Personen zu erhöhen und damit einen Zugang zur digitalen Welt zu schaffen. Ersten Ergebnissen zufolgen lässt sich empirisch nachweisen, dass Sicherheitsbedenken gegenüber dem Internet als auch der Lernaufwand abgebaut und die digitale Medienkompetenz, Selbstwirksamkeit, Leichtigkeit der Bedienung erhöht werden konnten. Gleichfalls wurde die Absicht, zukünftig digitale Medien zu nutzen, gesteigert. Die Resultate sind signifikant.
Darüber hinaus könnten einstige Kursteilnehmende später selbst als fachkundige Experten Wissen vermitteln und von den Volkshochschulen als Dozenten eingesetzt werden, um wohnortnahe Bildung zu ermöglichen. Erste Umsetzungen konnten bereits realisiert werden – zwei unserer Technikbotschafter bieten bereits Kurse zum Umgang mit digitalen Medien über die Volkshochschule Zwickau angeleitet, an.
Ein weiterer Mehrwert besteht in der Übertragbarkeit der Projektidee. Das angewandte Modell ist nicht an den Landkreis Zwickau gebunden, sondern kann gleichermaßen andernorts stattfinden und ebenfalls auf andere Lerninhalte transferiert werden. Sollte die Methode weiterhin Anwendung finden, könnte der enorme Bedarf an inhaltlichem Angebot zielgruppenorientiert und kostengünstig gedeckt werden.

Wie sah/sieht der Projektzeitplan und Finanzierungsbedarf aus?

Das Projekt findet vom 01. Mai 2017 bis 28. Februar 2019 statt. Die Projektleitung hat das Medienzentrum der Technischen Universität Dresden (TUD) inne. Kooperationspartner sind der Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik der TUD, die Volkshochschule Zwickau sowie der Sächsische Volkshochschulenverband. Es handelt sich um ein Drittmittelprojekt.

Folgende Arbeitspakete und Meilensteine beinhaltet das Projekt:

  1. Arbeitspaket, ab Mai 2017: Bedarfserfassung: Erfassung des inhaltlichen Bedarfs für die Nutzung von Smartphones und Tablets bei Personen im Ruhestand: Konzeption, Durchführung, Auswertung und Veröffentlichung einer quantitativen Fragenbogenstudie im im ländlichen Raum (n = 202)
  2. Arbeitspaket, Februar bis Anfang Mai 2018: Ausbildung von Technik-botschafterInnen aus ländlichen Gemeinden des Landkreises Zwickau: Schulung hinsichtlich digitaler Medien, gestützt durch ein eigens entwickeltes Handbuch (i.S. einer Klickanleitung) und methodisch-didaktische Qualifizierung der Technikbotschafter
  3. Arbeitspaket, ab Mitte/Ende Juni 2018: Realisierung der wohnortnahen Angebote: mit 8 Technikbotschaftern konnten derweil 15 Kurse mit 98 Teilnehmenden realisiert werden. Begleitend wurde im Rahmen von zwei Messzeitpunkten evaluiert, ob die digitale Medienkompetenz erhöht werden kann.
  4. Arbeitspaket, ab November/Dezember 2018: Fortführung als informelle Angebote (Hausbesuche oder Stammtische)
  5. Arbeitspaket, ab Mai 2017: Marketing und Öffentlichkeitsarbeit: kontinuierliches Marketing des Projektes über die Projektwebseite, über die lokale Presse, über die Gemeinderäte und Bürgerämter zur Bekanntmachung und Gewinnung von Teilnehmenden

Die Zuwendung erfolgt nach der Förderrichtlinie Demografie durch die Sächsische Staatskanzlei. Diese Maßnahme wird mitfinanziert mit Steuermitteln auf Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtages beschlossenen Haushaltes. Der Eigenanteil beträgt 30 Prozent. Die bereitgestellte Fördersumme beläuft sich auf rd. 50.000 Euro.

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