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Arbeitsgruppe „Referenzarchitektur, Standardisierung und Normung“ (AG 1)

Einleitung

Standardisierung in der Industrie ist kein neues Phänomen. Industrie 4.0 bringt jedoch eine wesentliche Änderung mit sich: Standards, die einen kleinen Ausschnitt der Produktion regeln, reichen nicht mehr aus. Die Produktion vernetzt sich. In den Standards müssen Hard- und Software, Anwender- und Anbieterbranchen sowie Produktdesign bis -recycling zusammengedacht werden. Nur so können verschiedene Komponenten in digitalen Ökosystemen reibungslos zusammenarbeiten (Stichwort: Interoperabilität).

Für Unternehmen sind einheitliche, offene Standards sehr wichtig. Sie sichern einen fairen Wettbewerb und senken Investitionsrisiken. Offene Standards helfen dem deutschen Mittelstand seine Innovationskraft ins digitale Zeitalter zu überführen.

Die Arbeitsgruppe "Referenzarchitekturen, Standards und Normung" entwickelt die Grundlagen für einheitliche, offene Standards. Sie trägt ihre Ideen in die internationalen Standardisierungsprozesse.

Arbeitsschwerpunkt 1: Das Referenzarchitekturmodell Industrie 4.0 (RAMI 4.0) als Orientierungsrahmen

Im ersten Schritt hat die Arbeitsgruppe das Referenzarchitekturmodell Industrie 4.0 (RAMI 4.0) aufgesetzt. Mit dem Modell zeigt die Arbeitsgruppe, welche Bereiche in einem Unternehmen an welchen Schnittstellen in die vernetzte Produktion integriert sind. RAMI 4.0 schließt technische Standards, Geschäftsprozesse, organisatorische Fragen und andere unternehmerisch relevante Aspekte ein.

RAMI 4.0 ist der Orientierungsrahmen für die unternehmerischen und technischen Anforderungen im industriellen Internet. Um die Verbreitung von RAMI 4.0 sicherzustellen, wurde es in (inter-)nationale Standardisierungsgremien und Kooperationen eingespielt – mit großem Erfolg: RAMI 4.0 ist als DIN-Norm (DIN SPEC 91345) und internationale Vornorm (IEC PAS 63088) anerkannt. Im Rahmen der internationalen Kooperationen der Plattform Industrie 4.0 wird RAMI 4.0 mit den Referenzarchitekturen aus den USA, Frankreich, Italien, Japan und China abgestimmt und aufeinander ausgerichtet. Es ist von den Partnern als wichtiger Referenzpunkt für ein einheitliches Verständnis von Industrie 4.0 anerkannt.

Arbeitsschwerpunkt 2: Die Verwaltungsschale ausrollen und langfristig Interoperabilität in digitalen Ökosystemen ermöglichen

Die Verwaltungsschale bildet reale Produkte und Prozesse digital ab und ist die Umsetzung des „digitalen Zwillings“. Alle wesentlichen Eigenschaften eines relevanten Gegenstands (Asset) sind in der Verwaltungsschale gespeichert. Dazu gehören beispielsweise physische Eigenschaften (Gewicht, Größe), Prozesswerte, Konfigurationsparameter, Zustände und Fähigkeiten. Die Verwaltungsschale ist nicht nur Speicher, sondern auch Kommunikationsschnittstelle – über sie ist ein Asset in die vernetzt organisierte Industrie 4.0-Produktion eingebunden. Es ist möglich, auf alle Informationen zum Gegenstand zuzugreifen und ihn zu kontrollieren. Beispielsweise kann eine Bohrmaschine auf ihre Verfügbarkeit geprüft und der Befehl gegeben werden: „Bohre ein Loch 3.5 mm Durchmesser 4 mm tief an Position 4“.

Die Verwaltungsschale wird mehr und mehr in der Praxis angewendet und vernetzt: in Pilot-, Forschungs- und Verbundprojekten sowie Spezifikationen. Die Normung und Zertifizierung der Verwaltungsschale geht zudem voran: Das Projekt wurde als IEC 63278-1 ED1 „Asset administration shell for industrial applications – Part 1: Administration shell structure” bei der internationalen Standardisierungsorganisation IEC/TC 65 angenommen.
Parallel dazu diskutiert das zuständige DKE Gremium, wie weitere Teile der Verwaltungsschalen-Spezifikation international eingebracht werden können. Dabei ist eine Zusammenarbeit mit den internationalen Normungsgremien ISO/TC 184 „Automation systems and integration“ und ISO/IEC-JTC 1 „Information technology“ in Diskussion. Die Partnerschaften mit dem „Labs Network Industrie 4.0“ und dem „Standardization Council Industrie 4.0“ stärken die internationale Position.

In „Verwaltungsschale im Detail“ (Teil 1) beschreibt die Arbeitsgruppe, wie Informationen in der Verwaltungsschale aufbereitet und strukturiert sein müssen, um Informationen als Paket von einem Partner zum nächsten weiterzugeben.

In „Verwaltungsschale in der Praxis“ definiert die Arbeitsgruppe generische Teilmodelle, stellt Templates für Teilmodelle zur Verfügung und erklärt, wie Anwender Teilmodelle selbst entwickeln können. Zudem beschreibt sie ein Industrie-4.0-Szenario, das die Verwaltungsschale umsetzt und verwendet.

Darüber hinaus identifiziert die Arbeitsgruppe Standardisierungslücken, erarbeitet und vertieft Leitthemen, und setzt Use Cases in Testbeds um. Aktuell ist die Verwaltungsschale in fast 30 Projekten im Einsatz. So werden Arbeitsergebnisse aus der Plattform Industrie 4.0 zum Maßstab für Industrie 4.0-Anwendungen weltweit.
Langfristig zahlen diese Aktivitäten auf das eine übergeordnete Ziel ein: Interoperabilität in digitalen Ökosystemen ermöglichen.

Mitglieder der Arbeitsgruppe

Mit über 75 Treffen pro Jahr pflegen die über 100 ehrenamtlichen Mitglieder der Arbeitsgruppe einen intensiven Austausch. Die Experten aus Industrie, Forschung und Bundesbehörden, Normung und Verbänden sind gut vernetzt und haben sich die Arbeit in verschiedenen Unterarbeitsgruppen aufgeteilt:

  • Modelle & Standards (ZVEI)
  • Semantik und Interaktion für I4.0-Komponenten
  • Sichere Kommunikation für Industrie 4.0, gemeinsam mit AG1 und AG3 (Sicherheit vernetzter Systeme)
  • GMA 7.21
  • Kommunikationsprotokolle (BITKOM)
  • Durchstich-Projekte: Umsetzung von Use Cases in Testbeds
  • Verwaltungsschale
  • Infrastruktur für die Kommunikation mit Verwaltungsschalen

Durch eine enge Partnerschaft mit dem Standardization Council Industrie 4.0 (SCI4.0) werden die Ergebnisse der Plattform Industrie 4.0 schnell in internationalen Standardisierungsgremien platziert. Die Kooperation mit dem Labs Network Industrie 4.0 (LNI4.0) sichert, dass die Praxiserfahrungen aus zahlreichen ersten Anwendungsfällen in den Standardisierungsprozessen angemessen berücksichtigt werden.