Key Visual Digitale Kaffeerunde

© Stadt.Land.Digital; Cassini Consulting/Martin Steffen; Sandra Müller (privat), Lena Sargalski (privat)

Boris van Benthem, Chief Information Officer (CIO) in der Stadt Oberhausen, berichtete im Juni über das digitale Gesundheitsamt und dessen Leuchttürme und Irrlichter in Zeiten von Corona. Die Stadt Oberhausen liegt inmitten des Ruhrgebiets und die städtische IT betreut zentral von der Verwaltung bis hin zu den Kultureinrichtungen alle Bereiche. Dabei kämpft Oberhausen mit einer schwierigen Haushaltslage und befindet sich seit Anfang 2020 im Prozess der Rekommunalisierung.

Boris van Benthem verdeutlichte, dass die Corona-Pandemie nicht nur zu einem erhöhten Arbeitsaufkommen im Gesundheitswesen der Stadt insgesamt führte, sondern vor allem auch das Arbeitsaufkommen in der städtischen IT-Abteilung durch vermehrte Serviceanfragen stieg. Dies stellte die IT vor einige Herausforderungen. Die Stadt Oberhausen richtete Hotlines ein und stattete Arbeitsplätze im Gesundheitsamt mit entsprechender Hardware aus. In der ersten Corona-Welle bestellte die Stadt dann auch zum letzten Mal Toner für Faxgeräte, denn Oberhausen geht den Weg der Digitalisierung konsequent weiter.

Nach anfänglicher Erfassung der Corona- und Quarantänefälle in Excel-Listen hat Oberhausen die Software Schedura eingeführt. Diese Lösung kann sowohl als Leuchtturm als auch als Irrlicht gelten. Schedura ermöglicht zwar die organisationsübergreifende Dokumentation von Corona- und Quarantänefällen, jedoch handelt es sich um eine lokale Lösung, die unabhängig von anderen Kommunen entwickelt wurde.

Damit stieß man schließlich in der zweiten Corona-Welle an Funktionalitätsgrenzen. Oberhausen migrierte daher im Oktober 2020 zu der Softwarelösung „InformationsSystem GesundheitsamtAmt“, kurz ISGA. Die Software ISGA ermöglicht die Einführung von maschinenlesbaren Laborscheinen und stellt daher in Hinblick auf den Digitalisierungsgrad einen Leuchtturm dar. Gleichzeitig kann man jedoch auch von einem Irrlicht sprechen, denn es kam zu Kapazitätsengpässen im System. Das System war teilweise langsam oder fiel zeitweise aus. Herr van Benthem betonte daher, dass standardisiert und zügig daran gearbeitet werden muss, massentaugliche Prozesse und Werkzeuge zu entwickeln, um für den Winter 2021 vorbereitet zu sein.

Nach der Ministerpräsidentenkonferenz im November 2020 wurde das Gesundheitsamt zum besseren Management der Kontaktpersonen an das „Surveillance Outbreak Response Management and Analysis System“, kurz SORMAS, angeschlossen. Für Oberhausen stellte die Software SORMAS jedoch zunächst ein Irrlicht dar, da die Software zu diesem Zeitpunkt noch nicht genügend ausgereift war und vorhandene Lösungen einen höheren Digitalisierungsgrad aufwiesen. Die Stadt Oberhausen hat daher Aufträge an Softwareentwicklungsfirmen erteilt, welche die fehlenden Laborscheinfunktionalitäten in SORMAS entwickelten. Diese wurden dann als Open-Source allen Kommunen zur Verfügung gestellt: Oberhausen versteht das „Einer-für-Alle-Prinzip“ als „Alle-für-Alle-Prinzip“. Die Entwicklung im Rahmen der Open-Source-Entwicklergemeinschaft ermöglicht es, die Vielfalt der föderalen Landschaft abzubilden und gleichzeitig lokale Prioritäten zu setzen. Das gilt nicht nur für die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Coronavirus, sondern auch für Herausforderungen des Onlinezugangsgesetzes (OZG).

Im CDO-Forum - Digitale Kaffeerunde im Juli 2021 berichtete Sandra Müller, CDO der Stadt Detmold, und Lena Sargalski, CDO der Stadt Bad Salzuflen, über die interkommunale Zusammenarbeit im Kreis Lippe. Der Kreis Lippe hat rund 350.000 Einwohnerinnen und Einwohner und besteht aus 16 unterschiedlich großen Städten und Gemeinden. In Zusammenarbeit mit den CDOs und Digitalisierungsbeauftragten im Kreis Lippe treiben Sandra Müller und Lena Sargalski seit anderthalb Jahren die Digitalisierung vor Ort voran.

Die Stadt Detmold hat als größte Stadt im Kreis Lippe die interkommunale Zusammenarbeit initiiert. Erstmals trafen sich die CDOs und Digitalisierungsbeauftragten im Januar 2020, um sich kennenzulernen und erste Anknüpfungspunkte und Schnittmengen zu besprechen. In regelmäßigen Treffen wurden Ideen konkretisiert und das Wissen aus kleineren, mittleren und größeren Kommunen untereinander geteilt. Acht Monate später wurde in einem kostenfreien Workshop ein Leitfaden für Digitalisierungsthemen entwickelt, der als Orientierungsstütze für nächste Schritte diente. Im April 2021 nutzten sie zudem einen kostenlosen Strategiestarterworkshop von Stadt.Land.Digital, um die interkommunale Zusammenarbeit und den Wissenstransfer im Kreis Lippe auszubauen.

Im November 2020 kam erstmals die Idee zur Umsetzung eines einheitlichen Bürgerserviceportals auf. Ein einheitliches Bürgerserviceportal ermöglicht medienbruchfreie Prozesse für die Verwaltung als auch für die Bürgerinnen und Bürger. Bürgerinnen und Bürger erhalten beispielsweise die Möglichkeit sich im Verbundgebiet schnell und unkompliziert über das Bürgerserviceportal umzumelden. Nach der Entscheidung, ein Bürgerserviceportal gemeinsam umzusetzen, trat der Interkommunale Zusammenschluss an die entsprechenden IT-Dienstleister heran und entschied sich gemeinschaftlich für das Bürgerserviceportal der regio.IT. Die Beschaffung übernahm jedoch jede Kommune selbst, denn für die interkommunale Zusammenarbeit im Kreis Lippe besteht keine Kooperationsvereinbarung. Somit steht auch kein gemeinsames Budget zur Verfügung. Gleichwohl können durch das gemeinsame Verhandeln mit dem IT-Dienstleister Kostenersparnisse erzielt werden. Das Bürgerserviceportal wird bis Mitte 2022 allen Kommunen im Kreis Lippe zur Verfügung stehen. Das Antragsmanagement erfolgt dabei über Form-Solutions. Dieses ermöglicht die arbeitsteilige Erstellung von Online-Formularen, indem Kommunen eigene Formulare erstellen und für andere Kommunen zur Verfügung stellen. Die Antragsformulare können flexibel bearbeitet und als eigene Anträge genutzt werden.

Sandra Müller und Lena Sargalski betonten, dass Vertrauen ein zentraler Erfolgsfaktor für eine gute interkommunale Zusammenarbeit ist. Das Schaffen von Vertrauen in der interkommunalen Zusammenarbeit im Kreis Lippe ist insbesondere durch regelmäßige Treffen entstanden. Im Austausch wurde zudem deutlich, wer Ansprechpartnerin oder Ansprechpartner zu einem bestimmten Fachthema ist, sodass sich automatisch entsprechende Strukturen bildeten. Dies stärkt einen zielgerichteten Wissenstransfer, bei dem Digitalisierungsbeauftragte und CDOs gegenseitig voneinander profitieren. So kommt der gesamte Kreis Lippe in seinen Digitalisierungsvorhaben rasch voran.