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Automatisierte Verkehrsmengenerfassung - aVME

Real- vs. Wärmebild des Hamburger Straßenverkehrs

© HHVA (Hamburg Verkehrsanlagen)

Ziel/Nutzen der Lösung

Das Projekt sammelt an rund 420 ausgewählten Knotenpunkten an Lichtsignalanlagen ("Verkehrsampeln") mithilfe von circa 2.100 Wärmebildkameras Daten über die Verkehrsmenge und stellt diese auf der Urban Data Platform Hamburg diskriminierungsfrei zur Verfügung. Damit legt das Projekt eine wichtige Grundlage für die Analyse der Verkehrssituation. Ziel ist es, auf Grundlage dieser Daten den Verkehr effizienter zu steuern und zu planen. Die im Projekt erhobenen Daten schaffen wertvolle Grundlagen für Maßnahmen zur Verringerung von Lärm, Staus und Luftbelastung und tragen folglich zur Erreichung von Klima- und Umweltschutzzielen bei. Die Datenbasis und IT-Infrastruktur bietet zudem die Grundlage für die Entwicklung weiterer Smart-City-Lösungen.

Lösungsbeschreibung

Insgesamt wurden in das Projekt rund 20 Millionen Euro investiert. 50 Prozent davon sind Fördermittel des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI). Gefördert wird das Projekt im Rahmen der Förderrichtlinie „Digitalisierung kommunaler Verkehrssysteme“ als Teil des Sofortprogramms „Saubere Luft 2017-2020.“ Die weiteren 50 Prozent stammen aus dem IT-Globalfond der Senatskanzlei der Freien und Hansestadt Hamburg.
Perspektivisch wird durch das Projekt aVME ein Großteil der manuellen Verkehrszählungen, die derzeit rund 300.000 Euro jährlich kosten, abgelöst. Die manuellen Zählungen fanden bisher in der Regel an einem Werktag von 6:00 -19:00 Uhr statt. Die Wärmebildkameras hingegen zählen den Verkehr rund um die Uhr an allen Tagen des Jahres, sodass sich neben Effizienzgewinnen auch ein deutlicher Erkenntnisgewinn ergibt. Die kontinuierliche Zählung des Verkehrs steigert die insgesamt zu validerenden Verkehrsdaten, die zur Verbesserung der Verkehrsplanung verwendet werden.
Die Wärmebilder werden innerhalb der Wärmebildkameras ausgewertet. Die Daten werden dann an einen Server gesendet, welcher die Daten abspeichert. Anschließend werden die Daten auf der offenen Urban Data Platform Hamburg des Landesbetriebs Geoinformation und Vermessung (LGV) hochgeladen. Auf dieser Plattform werden sowohl Echtzeit- als auch Archivdaten zur Verkehrsmenge zur Verfügung gestellt und stehen zum Beispiel Softwareentwicklern oder Start-ups für neue Geschäftsideen zur Verfügung. Es ist ebenfalls möglich, marktübliche Softwareprodukte zur Auswertung der Daten zu verwenden.
Die verwendete Technologie ermöglicht eine fahrbahn- und fahrspurgenaue, klassifizierte Verkehrsmengenerfassung. Die Fahrzeuge werden in die Kategorien Pkw, Lkw und Zweirad eingeordnet. Bis Ende 2020 wurden insgesamt rund 420 Straßenkreuzungen mit jeweils zwei bis acht (durchschnittlich fünf) Infrarotkameras ausgestattet. Die Standorte sind in den Portalen der Stadt wie beispielsweise dem Geo- und Verkehrsportal einsehbar. Zudem wird seit 2020 der Radverkehr in Hamburg mithilfe von Wärmebildkameras rund um die Uhr an etwa 90 Standorten erfasst. Die ungeprüften Rohdaten, die in 15-Minuten-, Stunden-, Tages- und Wochenintervallen erfasst werden, sind ebenfalls über die Urban Data Platform Hamburg verfügbar. Diese Daten werden in Echtzeit verarbeitet und analysiert und können anschließend genutzt werden, um den Verkehr intelligent zu steuern. Die Wärmebildkameras benötigen kein Licht. Radfahrende und Kraftfahrzeuge werden auch bei Dunkelheit und widrigen Wetterbedingungen an der abgegebenen Wärmestrahlung erkannt. Schatten und starke Sonneneinstrahlung sind ebenfalls kein Problem für den Wärmebildsensor. Diese Bedingungen stellen für herkömmliche visuelle Kameras häufig eine Herausforderung dar, weshalb sich die Freie und Hansestadt Hamburg für die Wärmebildkameras zur Erfassung der Verkehrsmenge entschied. Für die Übermittlung der Daten an den Datenauswertungsserver wird das Mobilfunknetz genutzt, da dieses unter anderem die Konfiguration und die Statusabfrage mit den Wärmebildkameras über einen Rückkanal ermöglicht. Die Rohdaten werden über den Datenauswertungsserver aufbereitet und anschließend an die Urban Data Platform Hamburg übermittelt. Dort werden die Verkehrsmengendaten in Ganglinien grafisch dargestellt. Die diskriminierungsfreie Bereitstellung der Daten erfolgt unentgeltlich über den OGC Standard der SensorThings API, welcher über den Metadaten-Verbund METAVER beschrieben und angeboten wird.
Das Projekt aVME ist Teil der Hamburger Senatsstrategie für Intelligente Verkehrssysteme (ITS). Das Projekt aVME wurde im Dezember 2017 gestartet. Im Rahmen des Projekts aVME wird das Verkehrsaufkommen über Infrarotkameras erfasst. Die Definition der Verkehrsobjekte ist konfigurierbar (zum Beispiel anhand der Länge und Breite, Form sowie Richtung). Zunächst erfolgt eine Differenzierung in Fahrzeugklassifizierung: Zweiräder (Fahrrad, Motorrad), Pkw-ähnlich (Pkw, Pkw mit Anhänger, Lieferwagen, Sprinter) und Lkw-ähnlich (Lkw, Lkw mit Anhänger, Sattelkraftfahrzeug, Bus).
Zunächst erfolgte eine umfangreiche Prüfung der Lichtsignalanlagen durch die Hamburg Verkehrsanlagen GmbH (HHVA). Bei dieser Prüfung wurde festgestellt, ob der Schaltgerätetyp sich eignet, ob entsprechende Masten für einen geeigneten Kamerastandort zur Verfügung stehen und ob noch genügend freie Adern in den Erdkabeln vorhanden sind. Die Freie und Hansestadt Hamburg entschied sich die Verkehrsmenge an Lichtsignalanlagen zu zählen. Dies ermöglicht Synergieeffekte mit der Steuerung der Lichtsignalanlagen. Auskünfte über die gefahrene Geschwindigkeit ist wegen der Nähe zum Haltebalken allerdings nur sehr eingeschränkt möglich. An Beleuchtungsmasten sind diese Auskünfte hingegen möglich, allerdings ist zum Beispiel ein separater Kasten mit Übertragungstechnik und ggf. einer separaten Stromversorgung erforderlich. Nach Prüfung der Lichtsignalanlagen wurden diese entsprechend des Hamburger Standards durch HHVA projektiert und zur Montage vorbereitet. Nach der Montage der Kameras und der zugehörigen Komponenten an der Lichtsignalanlage vor Ort wurden die Wärmebildkameras für die Datenerfassung ausgerichtet und kalibriert. Anschließend wurden die virtuellen Detektionsfelder zur Erfassung eingestellt und parametriert sowie die VPN Verbindung zum Datenauswerteserver eingerichtet. Danach wurde die Anlage in den Datenauswerteserver eingebunden und steht damit als weitere Verkehrsmengenerfassung betrieblich zur Verfügung. Für jedes Jahr werden die durchschnittlichen täglichen Verkehrsstärken als Kenngröße der durchschnittlichen Verkehrsbelastung eines Straßenquerschnitts ermittelt. Unter Verwendung von mathematisch-statistischen Verfahren wird nach Durchschnittswert der Verkehrsstärke aller Tage und aller Werktage unterschieden. Zudem ist die Verkehrsentwicklung der vergangenen zehn Jahre übersichtlich über eine Tabellen- und Diagrammansicht einsehbar. Parallel zum Projekt wurde an diversen Standorten Vergleichszählungen durchgeführt, um zu überprüfen, inwieweit die erfassten Verkehrsmengen und Fahrzeugklassen zuverlässig gezählt werden können. Dabei ließ sich feststellen, dass die Zuverlässigkeit mit zunehmender Anzahl von Fahrzeugklassen abnimmt. Die Erfassung von Lastkraftwägen stellt sich an vielen Standorten als große Herausforderung dar, sodass eine umfangreiche Standortbegutachtung und ggf. –änderung sowie Nachkalibrierung erforderlich wird.
Durch die erhobenen Daten eröffnen sich neue Möglichkeiten einer situationsbedingten Verkehrssteuerung zur Verringerung von Stauaufkommen und Verkürzung der Fahrzeiten. Dies ermöglicht Verkehrsteilnehmenden schneller und stressfreier von A nach B zu gelangen.
Intelligente Fahrzeuge in Kombination mit einer intelligenten Infrastruktur ermöglichen den Verkehr zudem nachweislich sicherer, effizienter und vor allem umweltfreundlicher zu gestalten. Das Projekt leistet somit einen wertvollen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz. Die erhobenen Daten, die auf der Urban Data Platform Hamburg bereitgestellt werden, können neben Behörden sowie Bürgerinnen und Bürger auch von Unternehmen genutzt werden, um ihre eigenen Produkte zu verbessern und/oder neue Mobilitätsangebote zu gestalten.
Das Projekt legt großen Wert auf die Einhaltung des Datenschutzes. Die Wärmebildkameras erfassen weder Nummernschilder noch die Umgebung. Personen sind ebenfalls nicht identifizierbar. Ausschließlich anonymisierte Daten werden erfasst und für die Verkehrsplanung Hamburgs verwendet.
Das Projekt wurde insbesondere in enger Abstimmung mit dem vorherrschenden Datenschutz entwickelt und umgesetzt. Sondergenehmigungen für den Betrieb der automatisierten Verkwehrsmengenerfassung sind nicht notwendig.

Kommunen

Das Projekt wird in folgenden Kommunen umgesetzt:

Hamburg, Hamburg

über 500.000 Einwohner

Stadt

Das Projekt liefert die Datengrundlage, um den Verkehr sinnvoll zu steuern, Staus zu vermeiden und somit die Luftqualität zu verbessern. Dadurch werden die Bürgerinnen und Bürger entlastet, genauso wie die Umwelt. Die Datengrundlage dient einer zielgenauen Verkehrssteuerung. Die Verkehrsräume können somit bedarfsgerechter aufgeteilt werden, die Straßenführung wird besser planbar und das Verkehrsaufkommen durch Baustellen einfacher koordinierbar.

Neben dem Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger erleichtert das Projekt auch die Überwachung durch die Verkehrsleitzentrale der Polizei. Ihnen wird ermöglicht, die Echtzeit-Datenlage schnell einzusehen. Die Verkehrsdirektion der Hamburger Polizei nutzt die Daten zur Optimierung der Ampelsteuerung und kann so wesentlich schneller zur Auflösung von Verkehrsbehinderungen wie Staus oder Straßenbauarbeiten beitragen. Zudem werden Stadtplanungsentscheidung wie beispielsweise zur Straßenraumaufteilung zwischen Kfz- und Radverkehr durch die Verkehrszählung unterstützt.

Die erfassten Daten sind als Offene Daten auf der Hamburger Urban Data Platform frei einsehbar: http://www.urbandataplatform.hamburg/. Auf dieser Plattform fließen diverse städtische Daten zusammen und werden für die weitere Verwendung über verschiedene Schnittstellen aufbereitet.

Der Datensatz umfasst die Echtzeit-Verkehrsstärken aller mit aVME ausgerüsteter Standorte in Hamburg, an denen der Kraftfahrzeugverkehr mittels Infrarotdetektoren an 24 Stunden am Tag und an allen Tagen des Jahres erfasst wird. Die Daten werden an für den Straßenquerschnitt zusammengefassten Zählstellen in 15-Minuten-, Stunden-, Tages- und Wochenintervallen zur Verfügung gestellt. Ebenfalls verfügbar sind alle Daten für die vorausgegangenen sieben Tage in 15-Minuten-Intervallen, alle Daten für den vorausgegangenen Monat in Stundenintervallen, alle Daten für das aktuelle und das vorausgegangene Jahr in Tagesintervallen sowie alle Daten seit Beginn der Erfassung in Wochenintervallen. Die Daten können für stadtinterne Anwendungen genauso genutzt werden wie für Informationsportale, Mobilitätsapps oder andere noch zu entwickelnde Anwendungen. Die Daten werden weiterhin im stadteigenen Verkehrsportal aufbereitet, sodass mindestens Tages-, Wochen-, Monats- und Jahresganglinien der Verkehrsstärke sowie der aktuelle Verkehrszustand jederzeit einsehbar ist. Das Projekt wird zudem evaluiert. Die Ergebnisse werden in einem Bericht zusammengefasst. Hauptaugenmerk wird dabei auf die Auswertung und den Erkenntnisgewinn aus den erhobenen Verkehrsdaten und den implementierten Softwarelösungen gelegt. Darüber hinaus werden betriebliche Erkenntnisse sowie der Datenfluss evaluiert. Auf Basis der Evaluationsergebnisse wird eine Strategie für den weiteren Ausbau des Systems auf die gesamte Stadt analysiert und vorbereitet. Das Projekt dient dem Zweck des Wissenstransfers. Daher wird der Austausch mit anderen Projekten, die mit vergleichbarer Sensorik oder Datenbasis arbeiten, geführt.

Beteiligte Projektpartner

Weiterführende Informationen