Wie hat sich das Gründungsumfeld in Deutschland seit 1997 aus Ihrer Perspektive gewandelt?

Groß: Es hat hier eine enorme Entwicklung stattgefunden. Der Gründerwettbewerb war im Jahr 1997 eine der ersten Aktivitäten, Impulse für die Gründung von technologieorientierten Unternehmen zu setzen und diese Gründungen – zunächst durch die Vergabe von attraktiven Geldpreisen – zu unterstützen. Sehr schnell wurde deutlich, dass Gründungsteams nicht nur Geld benötigen, sondern auch intensive Beratung und Begleitung auf dem Weg zum erfolgreichen Unternehmen. Das fängt schon beim Aufbau eines Netzwerks an. Hierfür wurde in den vergangenen zwei Jahrzehnten vieles getan.

Auch bei der Finanzierung in der Gründungs- und Wachstumsphase ist einiges passiert. Es steht zunehmend Kapital zur Verfügung, es gibt entwickelte Netzwerkstrukturen – auch für eine Internationalisierung – und zahlreiche Beratungsangebote wurden etabliert. Der Gründerwettbewerb war daran maßgeblich beteiligt und konnte sich im Feld der Informations- und Kommunikationstechnik zu einem wichtigen Player entwickeln. Auch nach inzwischen 23 Jahren zeigt das rege Interesse, dass solch ein Angebot immer wieder als nützlich angesehen wird.

Die gemeinsame Lernkurve seit Ende der 1990er hat aber auch dazu geführt, dass die Gründungsteams des Jahres 2020 schon viel besser vorbereitet in den Gründerwettbewerb einsteigen, als das früher der Fall war. Die Gründung eines eigenen Unternehmens hat den Exotenstatus verloren. Sie ist zur inzwischen nahezu selbstverständlichen Alternative zu einem Berufsleben in einer angestellten Position geworden.

Viele der Hunderten Preisträgerteams haben über die Jahre große Erfolge gefeiert. Was ist Ihr goldener Tipp für junge Gründerinnen und Gründer?

Groß: Wichtige Grundlage für eine erfolgreiche Gründung ist ein starkes Team, in dem sich Kompetenzen und Erfahrungen gut ergänzen, in dem aber auch alle mit Überzeugung und Engagement am gemeinsamen Ziel arbeiten. Der frühzeitige und konsequente Aufbau eines Netzwerks trägt ebenfalls zum Erfolg bei.

Um letztlich erfolgreich sein zu können, kommt es darauf an, mit einem Angebot – ob Produkt oder Dienstleistung – in den Markt einzutreten, das die Bedürfnisse und Wünsche der Kunden trifft. Dazu gehört eine sorgfältige Analyse der möglichen Zielgruppen und des konkreten Nutzens, der angeboten werden kann. Nur durch intensive und vor allem frühzeitige Kontakte in das Umfeld des geplanten Unternehmens, in dessen Kern die späteren Kunden stehen, kann es gelingen, aus der Idee auf Basis der entwickelten Technologien oder Methoden ein marktfähiges Produkt zu machen.

Welche Geschäftsidee wird Ihnen besonders in Erinnerung bleiben?

Groß: Das ist eine Frage, die ich nicht eindeutig beantworten kann. Die Spannweite der Ideen, die beim Gründerwettbewerb und anschließend als Unternehmensgründung erfolgreich waren, ist sehr groß. Da gibt es Unternehmen wie Signavio, das sich mit einer guten Idee und großem Engagement zu einem weltweit aktiven Player entwickelt hat, mit international agierenden Kunden, Niederlassungen in mehreren Ländern auf verschiedenen Kontinenten. Herausragend ist hier auch das erzielte Ergebnis bei der Akquisition des benötigten Wachstumskapitals.

Ganz andere Faktoren machen die Entwicklung von Ecosia bemerkenswert. Über einen längeren Zeitraum hat sich das Unternehmen einen Namen als Plattform für die Internetsuche aufgebaut, kombiniert mit einem spannenden Ansatz von Social Entrepreneurship.

Darüber hinaus – die Liste würde lang werden – gibt es eine große Zahl von Unternehmen, die mit substanziellen und nachhaltigen Innovationen zur positiven Entwicklung des Standorts Deutschland beitragen. Damit stehen sie auch international nicht selten an der Spitze. Das gilt für viele weitere Anwendungsfelder und Branchen. Von Industrie 4.0 über das Thema Privacy bis zu Mobility oder der Entwicklung neuer Apps für den Konsumenten.

Nicht zuletzt die Ausbreitung des Coronavirus hat gezeigt, wie viele Jungunternehmen mit ihren Entwicklungen im Bereich eHealth – aber auch darüber hinaus – in kurzer Zeit Lösungen anbieten konnten, die zur Überwindung der Pandemie gebraucht werden. Auch dies bleibt in Erinnerung

Persönlich gefällt mir, dass die erfolgreichen Gründerinnen und Gründer immer wieder durch ihr hohes Engagement für ihr Team, ihre Mitarbeiter, für ein positives Klima beim Aufbau ihrer Unternehmen auffallen.