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Gut gemacht!
Vom digitalen Arztbesuch bis zur Smart Factory: Digitale Plattformen revolutionieren unsere Wirtschaft
Einleitung
Digitale Plattformen verändern unsere Wirtschaft und Gesellschaft, und das teilweise in sehr grundlegender Art. Sie waren Schwerpunktthema des Digital-Gipfels 2019 in Dortmund. Ob B2B oder B2C - die Geschäftsmodelle und Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig. Lesen Sie hier stellvertretend vier praktische und erfolgreiche Beispiele aus dem Mittelstand – aus den Bereichen Telemedizin, Baustoffe, Industrie 4.0 und Energie.
Schnupfen, Husten, Heiserkeit, ...– man will zum Arzt, fühlt sich aber schlapp und möchte auch nicht noch jemand anderen unterwegs oder im Wartezimmer anstecken. Ein Arztbesuch ist besonders dann lästig, wenn man auf dem Land lebt und die Fahrt zur nächsten Praxis einige Zeit und Mühe kostet. Das gilt insbesondere für die wachsende Zahl älterer Patienten. Doch heute macht die Telemedizin den „digitalen Arztbesuch“ möglich.
Das Start-up-Unternehmen TeleClinic bietet eine digitale Plattform, über die sich Patient und Arzt online „treffen“ – ohne Anfahrt oder langes Warten. „So erhalten Patienten deutschlandweit von zu Hause aus per Telefon oder per Videochat am Bildschirm Zugang zu ärztlicher Hilfe“, sagt Mitgründerin Katharina Jünger. Und das nicht nur werktags, sondern auch an Wochenenden und Feiertagen.
TeleClinic ist eine Ausgründung der Ludwig-Maximilians-Universität München und hat in seinem Netzwerk ausschließlich Ärzte mit deutscher Approbation. Viele davon haben eine eigene Praxis, andere arbeiten im Krankenhaus oder sind schon in Rente. Insgesamt deckt die Plattform rund 30 unterschiedliche medizinische Fachrichtungen ab, so dass sich in der Regel der richtige Ansprechpartner für den jeweils individuellen Fall finden lässt. Seit der Deutsche Ärztetag im Mai 2018 das bis dahin geltende Fernbehandlungsverbot gekippt hat, machen immer mehr Krankenkassen, Ärzte und Patienten mit. Jünger: „Und nun, seit diesen Oktober, wird Kassenpatienten der digitale Arztbesuch ganz normal von der gesetzlichen Krankenkasse bezahlt.“
Auch auf dem Bau geht es um das Einsparen von Ressourcen. Viel Material wird verbaut und verbraucht – aber auch so einiges bleibt übrig, das danach in den Lagern der Bau- und Handwerksfirmen ungenutzt herumliegt oder sogar weggeworfen bzw. kostenpflichtig entsorgt wird. Aufgrund der zunehmenden Vielfalt und Individualität von Bauprodukten kommt es immer häufiger vor, dass übrig gebliebene Materialien oder Teile bei Folgeaufträgen nicht weiterverwendet werden können. Eine andere Handwerksfirma benötigt vielleicht gerade dringend solche Teile; z. B. wenn jemand ein Fensterblech in einer bestimmten Farbe haben möchte oder einem Dachdecker nur zehn spezielle Dachziegel fehlen, um ein Dach fertig zu decken.
„Es besteht ein Riesenpotenzial, Ressourcen im Bau-Handwerk gemeinsam im Sinne der Nachhaltigkeit zu nutzen“, sagt Simon Schlögl. Die Erfahrungen seiner langjährigen Arbeit als Dachdecker auf vielen Baustellen haben ihn auf die Idee gebracht, die Online-Plattform materialrest24.de zu gründen. Aus dem „virtuellen Materiallager“ stellen sich Handwerksbetriebe aus ganz Deutschland gegenseitig ungenutzte Bauartikel zum Kauf zur Verfügung: finanzieller Vorteil gepaart mit nachhaltigem Wirtschaften. Ein Betrieb kann überschüssiges bzw. übrig gebliebenes Material oder Bauteile auf der Plattform anzeigen bzw. anbieten, so dass ein anderer hier fündig werden und eine Kaufanfrage stellen kann.
Andererseits kann ein Handwerker zum Beispiel auch ein Material-Gesuch auf der Plattform einstellen. Baustoffe effizienter nutzen und weniger wegwerfen, nach den Leitsätzen „Gestern verstaubt – morgen verbaut“ und „Vom Handwerk für’s Handwerk“: Inzwischen nehmen bereits mehr als 1.000 Betriebe an der Plattform teil.
Intelligente Lösungen bietet auch die zunehmende Vernetzung von Maschinen in der so genannten Smart Factory. Daten wie Maschinenzustände, Programm-Laufzeiten, Werkzeugnutzung, Materialverbrauch und Ähnliches bei einzelnen Maschinen können zunehmend digital erfasst, für ganze Produktionsbereiche verknüpft und intelligent analysiert werden. So lassen sich Herstellungsprozesse extrem optimieren. Auch Prognosen sind möglich: Die Nutzer der Maschinen können frühzeitig Lösungen für sich allmählich abzeichnende Probleme finden, bevor Schäden (z. B. Produktionsstörungen) eintreten können. Wenn sie über internetbasierte Plattformen auf ihre Daten zugreifen, können sie auf mobilen Geräten überall und jederzeit ihre Produktion überwachen und steuern.
Besonders effektiv werden Vernetzungslösungen, wenn Maschinenbauer und IT-Spezialisten ihr Know-how zusammenführen und eng kollaborieren. Der Softwarespezialist GFT Technologies hat sich daher mit dem Werkzeugmaschinenhersteller Trumpf im Rahmen einer Entwicklungspartnerschaft zusammengetan, um Smart Factory-Angebote rasch und zielgruppengerecht voranzubringen. Gemeinsames Ziel sind standardisierte Lösungen, die sich leicht in verschiedenen Unternehmen einsetzen lassen. „Wir sehen eine Tendenz, dass Grenzen zwischen Branchen und Geschäftsbereichen verschwimmen und die Entwicklung hin zu digitalen Ökosystemen geht“, sagt Marika Lulay, CEO von GFT Technologies. „Vernetzte Prozesse und innovative Technologien spielen eine immer wichtigere Rolle und schaffen die Grundlage für neue Geschäftsmodelle.“
Das Schwarm-Prinzip hat sich nicht nur in der Natur (z. B. Vögel, Fische) bewährt. In der Energiewirtschaft lässt sich hiermit die Versorgungssicherheit im Bereich der erneuerbaren Energien optimieren. Je mehr Solarzellen, Windräder und sonstige Quellen regenerativer Energie zusammengefasst werden, umso leichter können Ausfälle an einer Stelle von anderen Quellen ausgeglichen werden. Eine solche Vernetzung kann dazu beitragen, das Gesamtsystem stabiler und leistungsstärker zu gestalten - es entsteht virtuell ein großes Kraftwerk.
Eines der größten virtuellen Kraftwerke Europas betreibt die Kölner Next Kraftwerke GmbH. Sie stellt eine koordinierende digitale Plattform zur Verfügung. „Vernetzung dezentraler Anlagen, algorithmische Steuerung und Datenanalyse – die Energiewende gelingt nur mit digitaler Technik“, so die Gründer Hendrik Samik und Jochen Schwill. Schon über 8.000 stromerzeugende und stromverbrauchende Anlagen sind durch Next Kraftwerke vernetzt. Zusammen bringen sie eine Leistung von mehr als 7 Gigawatt. Damit sind sie als digital vernetztes System insgesamt leistungsstark und zuverlässig genug, um auch am Strommarkt als Kraftwerk agieren zu können: Mindestens 5 Megawatt schnell und zuverlässig abrufbarer Leistung sind hierzu die Voraussetzung. Schwill: „Wir müssen Energiewirtschaft und Digitalisierung zusammenbringen, um das Energiesystem für die Zukunft zu bauen.“