Stefan Krebs

© Laurence Chaperon

1. Wofür steht die Digitalisierungsstrategie digital@bw und welche Ziele werden mit ihr verfolgt?

Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sind in keinem anderen Bundesland so hoch wie in Baden-Württemberg. Auch europaweit liegt der Südwesten beim Innovationsindex an der Spitze – und da wollen wir bleiben. Deshalb haben wir uns das Ziel gesetzt, auch bei der digitalen Transformation die Nase vorn zu haben. Wir wollen digitale Leitregion Europas werden.

Wir möchten mit der Digitalisierung eine nachhaltige Entwicklung voranbringen, Firmengründungen unterstützen und neue Arbeitsplätze schaffen. Aber wir belassen es nicht bei einer Vision, sondern wir beflügeln sie auch und packen den digitalen Wandel an. Vor zweieinhalb Jahren haben wir im Landeskabinett nach breiter Beteiligung von Kommunen, Wirtschaft, Forschung und der Zivilgesellschaft die erste, landesweite und ressortübergreifende Digitalisierungsstrategie digital@bw beschlossen. Erstmals werden seither auch alle Vorhaben unter dem Dach des Digitalisierungsministeriums koordiniert und gebündelt.

Mit unserem Masterplan wollen wir zeigen, dass wir die Digitalisierung aktiv mitgestalten – um letztlich die Lebensqualität der Menschen zu verbessern. Dabei nehmen wir den digitalen Wandel in seiner ganzen Vielfalt in den Blick. Wir engagieren uns in zehn Schwerpunkt- und Querschnittsthemen, von der Telemedizin über autonomes Fahren, digitale Infrastruktur bis hin zur Cybersicherheit und digitalen Kommune. Die Digitalisierung ist ein zentraler Arbeitsschwerpunkt der Landesregierung und deshalb haben wir eine Investitionsoffensive gestartet: Bis 2021 werden wir mehr als 1,5 Milliarden Euro in unsere Digitalisierungsaktivitäten investieren.

2. Mit welchen Herausforderungen wurden Sie bei der Umsetzung der Digitalisierungsstrategie digital@bw bisher konfrontiert? Was sind die 'Lessons Learned'?

Flächendeckend gigabitfähige Netze sind die Voraussetzung für den digitalen Wandel. Der Breitbandausbau wird allerdings teils durch angespannte Kapazitäten der Baubranche, die gerade einen landesweiten Boom erlebt, erschwert. Da sind wir in guten Gesprächen mit dem Fachverband und haben bereits ein Schulungsformat für Bauamtsleiter und die für den Breitbandausbau in der Verwaltung verantwortlichen Mitarbeiter entwickelt.

Grundsätzlich stehen wir als Verwaltung vor einem Dilemma: Einerseits sind wir konfrontiert mit der schnelllebigen technologischen Entwicklung und kurzen Innovationszyklen, auf die wir auch kurzfristig reagieren müssen. Andererseits müssen wir beim Einsatz öffentlicher Mittel umfangreichen rechtlichen Vorgaben, etwa im Haushaltsrecht und im Vergaberecht, genügen. Das stellt für den öffentlichen Sektor eine enorme Herausforderung dar. Wir reagieren darauf durch den Abschluss von Rahmenverträgen, die einen kurzfristigen Abruf von Leistungen ermöglichen. Grundsätzliche Verbesserungen versprechen wir uns auch von der Einführung der elektronischen Akte. Im Innenministerium läuft seit Dezember 2019 der Pilotbetrieb. Eine Herausforderung bei unseren Digitalisierungsaktivitäten ist natürlich auch, dass IT-Fachkräfte überall knapp sind. Daher haben wir mehr Plätze für Studienanfänger insbesondere an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg geschaffen.

Man sieht: Auf Landesebene können wir in Sachen Digitalisierung Vieles vorantreiben und gestalten. Allerdings müssen gerade auch Themen wie Cybersicherheit und Künstliche Intelligenz auf Ebene des Bundes und der Europäischen Union vorangetrieben werden. Dafür setzten wir uns als Land ebenfalls ein.

3. Mit Blick auf das laufende Jahr: Welche Schritte sind für die nächsten Monate bei der Umsetzung der Digitalisierungsstrategie geplant?

Der Landtag von Baden-Württemberg hat im Landeshaushalt 2020/21 für den Ausbau der digitalen Infrastruktur ein Programmvolumen in Höhe von insgesamt 649 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Hinzu kommen rund 105 Millionen Euro für die weitere Umsetzung von Digitalisierungsprojekten.

Ganz wichtig ist in den nächsten Monaten die neue Cybersicherheitsarchitektur für Baden-Württemberg. Die Cybersicherheit ist in der Digitalisierungsstrategie ein zentrales Querschnittsthema. Doch es gibt bisher keine zentrale Organisation, um die privaten und staatlichen Akteure zu orchestrieren und zu koordinieren. Deshalb wollen wir eine Cybersicherheitsagentur Baden-Württemberg als Landesoberbehörde im Geschäftsbereich des Innenministeriums aufbauen und sie in eine Cybersicherheitsstrategie für Baden-Württemberg einbetten.

Für Personal und Sachausgaben der Cybersicherheitsagentur hat der Landtag von Baden-Württemberg im Doppelhaushalt 2020/21 des Landes 4 Millionen (2020) und 9 Millionen Euro (2021) zur Verfügung gestellt. Damit können 32 Stellen (2020) beziehungsweise 50 Stellen (2021) geschaffen werden. Mit einer Kabinettsvorlage wird der Ministerrat in den nächsten Wochen über die Eckpunkte zur geplanten Einrichtung einer Cybersicherheitsagentur Baden-Württemberg und zur Entwicklung der Cybersicherheitsstrategie informiert und um Zustimmung gebeten. Welche Befugnisse die Cybersicherheitsagentur erhalten wird, soll dann im Gesetzgebungsverfahren für ein Errichtungsgesetz festgelegt werden. Ein erster Entwurf soll im 1. Halbjahr 2020 vorliegen.